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Floby

Wer als Bücherfreund mit philosophischen Schulkenntnissen durch einen Buchladen schlendert und den Titel dieses Buches liest, wird dahinter ein Lebenshilfebuch à la Carnegie vermuten. Greift er bei entsprechender Polung nach diesem Buch und nimmt es zwecks Verbesserung seines Lebens mit nach Hause, so wird er im wahrsten Sinne des Wortes „ent-täuscht“, denn dieser Titel ist nicht als unmittelbare, lebenspraktische Aufforderung an den Leser, sondern als hoch verdichtete Zusammenfassung von drei Jahrtausenden menschlichen Strebens gemeint, so wie Sloterdijk sie sieht. Sloterdijk lässt sich in keine philosophische „Schule“ einordnen, ja, er lehnt dies wahrscheinlich entschieden ab, und sein intellektueller Spott gilt vor allem den Nachlassverwaltern der „Frankfurter Schule“, die das Erbe Adornos und Horkeimers hüten wie einst die Sozialistischen Republiken jenes von Engels und Marx. Versteht sich, dass diese ihn nicht gerade lieben, wie sich aus den Kommentaren zu seinen Steuergedanken ablesen lässt.

Der Titel des vorliegenden Buches ist Rilkes Gedicht „Archaischer Torso Apollos“ entnommen. Angesichts der unbeschreiblichen Ausstrahlung des antiken Torsos befällt den Autor des Sonetts in der letzten Zeile die Erkenntnis „Du musst dein Leben ändern“, wobei er eine Erhöhung des eigenen geistigen und ethischen Bewusstseinszustandes im Sinne hat. Am Schluss des einleitenden Kapitels eben über dieses Sonett fomuliert Sloterdijk die Rilkesche Aufforderung in einen expliziten Absatz um, der so auch in einerm Lebensratgeber(!) über ein gelungenes weil leistungsorientiertes Leben stehen könnte. Wer diesen Absatz als unmittelbaren Aufruf des Autors liest – oder lesen will -, kann sie sofort als Steilvorlage für einen gelungenen Gegenangriff nutzen. Wer sie jedoch als Interpretation und Zusammenfassung einer philosophischen oder kulturhistorischen Tendenz nimmt, die nach Sloterdijks Auffassung wieder an Bedeutung zu gewinnen beginnt, hat damit die erste Voraussetzung für das Verständnis des weiteren Textes erfüllt.

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Das Buch gliedert sich in vier große Abschnitte. Nach der umfassenden Einleitung, die auf knapp dreißig Seiten den Inhalt des Buches in Kurzfassung resümiert, bringt Sloterdijk in einem „Vorlaufkapitel“ Beispiele aus der Philosophie- und Kulturgeschichte. Nach der Erläuterung von Rilkes geradezu schockartiger Erkenntnis angesichts Apollos Torso bringt Sloterdijk Nietzsche ins Spiel und dessen so oft und so gern missverstandenen „Übermenschen“. Er beschreibt ihn als verspäteten Renaissancemenschen, der plötzlich die Möglichkeiten des bis dahin im mittelalterlichen Glauben eingekerkerten Lebens erkannt hat. Bestand die einzige Selbsterhöhung vormals in der Angleichung an das Göttliche durch Askese, Weltflucht und Selbstkasteiung, so kann der Mensch jetzt auch eine „Vertikale ohne Gott“ besteigen. Die „Vertikalisierung“ steht bei Sloterdijk für den Weg des Menschen nach oben, ins Besondere, Einzigartige, und zwar unmissverständlich aus eigener Leistung, nicht per Abstammung oder „Gnade“. Das Pendant dazu ist die „Horizontale“, die das Gegebene als solches hinnimmt und lediglich darum bemüht ist, es möglichst bequem einzurichten.

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Da für Nietzsche „Gott gestorben“ ist, muss der Mensch für den Drang nach oben neue Ziele und Techniken finden. Sloterdijk benutzt dafür das Bild des Seils, an dem man sich nach oben hangelt, das aber nicht mehr oben am Göttlichen fixiert ist. Um es weiterhin für den Aufstieg nutzen zu können, muss es einen anderen Befestigungspunkt finden. Dass diese Suche und ihre Ergebnisse etliche Missverständnisse und Missbraüche bis hin zu den Nationalsozialisten auslösen können, versteht sich von selbst. Der „Übermensch“ ist eins davon. Sloterdijk widmet deshalb vor allem der Nietzsche-Rezeption der Nazis einen wesentlichen Teil dieses Kapitels, das sich auch mit der „Krüppel-Ideologie“ anhand des schwerstbehinderten Carl Herman Unthan (1848-1929) befasst, der ohne Arme sowohl die Schreibmaschine als auch die Geigen – mit den Zehen – beherrschte. Ein weiterer Zeitzeuge für die Vertikalisierung des Lebens ist Kafkas Werk, sei es der „Bericht für eine Akademie“, in dem Kafka den Weg nach oben geradezu satirisch beschreibt, oder „Der Hungerkünstler“, der den Begriff des modernen Asketismus laut Sloterdijk auf den Punkt bringt. Logischer Schlusspunkt dieser Reihe ist der rumänische Schriftsteller Cioran, der ein Leben von völliger Bedeutungslosigkeit als Protest gegen eine unangemessene Welt anstrebte. Das Schreiben entspringt bei ihm nicht dem Ehrgeiz sondern dem Zufall. Cioran hat die Lebensform des „Sich-Gehen-Lassens“ zu einer Art paradoxer Askese entwickelt.

Längere Ausführungen widmet Sloterdijk in diesem Fall den „Scientologen“, die es seiner Meinung nach geschafft haben, eine Religion aus dem Boden zu stampfen. Laut Sloterdijk gibt es zwei Formen der Religon: die des „Inhalts“ und die der „Form“. Erstere nährt sich aus Glaubensinhalten wie Christi Geburt und Kreuzigung sowie der Auferstehung, letztere aus Ritualen, die den Ausübenden in einen höheren Zustand versetzen. In diesem Zusammenhang erinnert Sloterdijk auch an die Olympische Idee der Moderne, die ihr Schöpfer de Coubertin ursprünglich als neue Religion institutionalisieren wollte. Dass ihm dies nicht gelang und sich die Olympischen Spiele als weltliche und letztlich kommerzielle Veranstaltung durchsetzten, ist fast schon als Ironie der Weltgeschichte aufzufassen. Der Gründer der „Church of Scientology“, Ron Hubbard, ist das Unterfangen einer Religionsgründung nach Sloterdijk dagegen wesentlich professioneller angegangen, indem er alle formalen und rituellen Elemente in einen konsistenten Rahmen brachte. Wichtiger als die große Idee – Coubertin! – und der Inhalt ist dabei die innere Stimmigkeit. Sobald ein neuer Anhänger gewonnen ist, tritt er in eine vollständig stimmige (Innen-)Welt ein, die ihre eigenen Gesetze schafft und dem Novizen von vornherein das Gefühl gibt, auf der richtigen Seite zu stehen. Ob dieses System kompatibel mit einer wie immer gearteten Realität ist, spielt dabei eine untergeordnete Rolle, weil die externe Realität bei Bedarf ausgeblendet oder als „schlecht“ gebrandmarkt wird. Ähnlich wie der Sozialismus marxistischer Prägung immunisiert sich die Scientology selbst, indem sie bereits die Tatsache einer Kritik als Zeichen eines unterentwickelten Bewusstseins betrachtet. Sloterdijk kann bei aller inhaltlichen Ablehnung der Scientology einen gewissen Respekt für Ron Hubbards unternehmerische Leistung nicht verhehlen.

Im ersten inhaltlichen Kapitel, „Die Eroberung des Unwahrscheinlichen“ übertitelt, vergleicht Sloterdijk die Vertikalisierung mit Richard Dawkins` „Mount Improbable“, der die wachsende Unwahrscheinlichkeit der Evolution beschreibt. Auch für das nach Bedeutung strebende Individuum gilt dieses evolutionäre Streben nach dem Unwahrscheinlichen, sei es ein Olympiasieg oder eine Spitzenkarriere als Instrumentalvirtuose. Nach Sloterdijk ist die Theorie von Herrschaft und Unterdrückung der Klassengesellschaft von der Leistungsdifferenzierung von Individuen und Gesellschaften abgelöst worden. Diese wiederum führt in der Moderne zur Sezession der Eliten, die sich vom Staub der (All-)Gemeinheit in eigenen Zirkeln reinigen und damit vertikal von der Masse absetzen. Ludwig Wittgenstein, den Sloterdijk dabei ausführlich zitiert, hat das gemeine Leben als „Schweinereien“ bezeichnet, denen man aus dem Wege gehen müsse.

Peter

Peter Sloterdijk:

Wenn man das Dasein der Menschen als ewiges Üben auf dem Weg zum Unwahrscheinlichen beschreibt, kommt man zwangsläufig zu bestimmten Übungsdisziplinen, die Sloterdijk als „philosophischen Mehrkampf“ bezeichnet. Dabei bezieht er sich auf Michel Foucault, der die Philosophie wieder in ihr Recht als erweiterte Lebenshilfe eingesetzt hat. Die dreizehn Disziplinen sind nach Sloterdijk die Akrobatik und Artistik, die Athletik, die Rhetorik, die Therapeutik, die Epistemik (Erkenntnis), die Berufskunde, die „Techniken“-Kunde, die Administrativik, die Ritualistik (Religion!), die Sexualpraxiskunde, die Gastronomik und eine „offene Liste kultivierungsfähiger Aktivitäten“. Dieses „13köpfige Ungeheuer der Disziplinik“ deckt für Sloterdijk das gesamte Feld menschlicher Betätigungen ab. Auf allen diesen Gebieten versucht der Mensch durch ständiges Üben den „Mount Improbable“ zu besteigen. Moralisten, die diese leistungsorientierte Sicht des menschlichen Daseins kritisieren, gehen seiner Meinung nach am Wesen der Dinge vorbei. „Gebirge besteigt man oder lässt es sein, man kritisiert sie aber nicht“!

Die Begriffe „Leidenschaft“ und „Gewohnheit“ sind zwei weitere wichtige Eckpunkte der Argumentation, wobei die letztere „cum grano salis“ das Immergleiche und damit „Schlechte“ meint und „Leidenschaft“ das darüber hinaus Gehende, vom Menschen willentlich Geschaffene. Sloterdijk erläutert dieses Begriffspaar ausführlich von Heraklit bis Heidegger und endet dann bei dem ebenso einprägsamen Begriffspaar „Denken“ und „Wachen“, die den weltabgewandten und den weltzugewandten Zustand des menschlichen Geistes bezeichnen. Von diesen Überlegungen landet Sloterdijk schließlich beim „Basislager“-Denken. Im Bergsteiger-Idiom gilt das Basislager als Startpunkt für die Gipfelbesteigung, Nietzsche hat jedoch in seinem „Zarathustra“ die Erkenntnis formuliert, das die moderne (westliche) Gesellschaft das Basislager, in das sie es geschafft hat, bereits für den Gipfel hält und damit alle weiteren Aufstiege verweigert. Pierre Bourdieu gehört dabei für Sloterdijk zu den philosopischen Wortführern dieser Ideologie, die weitgehend vom Marxismus und ihren intellektuellen Adepten (Frankfurter Schule!) beeinflusst wurden. Demnach gibt es nur ein Basislager auf einer hohen Ebene, das es auszubauen gilt. Weitere Gipfelbesteigungen erübrigen sich mangels Gipfeln, und es geht nur darum, das Basislager sozialgerecht zu gestalten. In diesem Zusammenhang ist es auch üblich geworden, die Bewunderung besonderer Leistungen als Alibi für eigene Untätigkeit einzusetzen.

Peter

Einen längeren Absatz widmet Sloterdijk der Pädagogik als einer „Anthropotechnik“. Was in Sonntagsreden unter Theaterdonner verurteilt wird, die „Eugenik“ oder Gestaltung des Menschenmaterials, wird in Wahrheit seit Jahrtausenden in Form der Pädagogik praktiziert, sei es in autoritärer, sei es in libertinärer Form. Doch Ziel der Pädagogik war nach Sloterdijk immer das Transzendente. „Non scholae, sed vitae discimus“ bedeutet im Grunde genommen, mehr zu lernen als für das reine (Über-)Leben erforderlich ist. Das endet zwangsläufig bei der Metaphysik und damit bei Fragen über Leben und Tod. Daher ist auch die Bewältigung des Sterbens für die Vertikalisierung des Lebens das ultimative Ziel. Am Ende steht der unverrückbare Glaube an die Auferstehung, der auf Tertullians paradoxen Satz zurückgeht: „Certum est quia impossibile“ (Es ist sicher, da unmöglich). Dahinter steht die Erkenntnis über die Eigenart jeden Glaubens, die darin besteht, allen Unmöglichkeiten zu trotzen.

Zitate Wie Man Lebt. Zitate über Das Leben

Im Kapitel „Übertreibungsverfahren“ setzt sich Sloterdijk mit den Eigenarten und Exzentriken der

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Im Kapitel „Übertreibungsverfahren“ setzt sich Sloterdijk mit den Eigenarten und Exzentriken der

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